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Zweite Periode
Gebäuden erzogen. Stärkung der körperlichen Kräfte, Gewöhnung an
Schmerz, strengen Gehorsam gegen die Gesetze und an Hochachtung
des Alters, Schärfung des gesunden Menschenverstandes, Aus-
wendiglernen der Gefetzes-Sprüche und Kriegslieder war der Zweck
der Erziehung.
Die Staatsgewalten waren gegenseitig weise beschränkt. Zwei
Könige, aus dem Stamme des Herakles, standen an der Spitze
des Staates, als Führer im Kriege und als die ersten Magistrats-
personen im Frieden. Oberstes Criminalgericht und höchste Regie-
rungsbehörde unter dem Vorsitze der Könige war der Rath der
Alten, bestehend aus 28 Mitgliedern, welche nicht unter 60jahren
alt seyn durften und vom Volke auf Lebenszeit gewählt wurden.
Die Volksversammlung entschied über Krieg und Frieden,
wählte die Senatoren und stimmte über die Beschlüsse des Senates
und Gesetzesvorschläge ab. Die fünf jährlich vom Volke erwähl-
ten Ephoren übten als Aufseher über die Sitten und Erhaltung
der Verfassung große Macht selbst über die Könige.
Die neu gewonnene Kraft dieses Volkes zeigte sich vorzüglich
in den Kriegen mit den Messen lern, einem tapfern, freiheits-
liebenden Volke. Der erste dauerte von 743 — 724 v. Ehr.
Gegenseitige Ungerechtigkeiten hatten dazu Veranlassung gegeben.
Die Messenier kämpften heldenmüthig unter ihrem Könige Ar ist o-
demus; mußten aber doch zuletzt unterliegen, da die Bergfeste
Jthome fiel, und Aristodemuö sich aus Verzweiflung über die ver-
geblich geopferte Tochter ermordete. Die Besiegten wurden zins-
bar gemacht und mit Schmach überhäuft. Dieses harten Joches
müde, erneuerten die Messenier den Krieg (im I. 685), dessen
Ausgang lange unentschieden blieb, da sie unter ihrem helden-
müthigen Führer A risto me ne s tapfer fochten, und die Spartaner
durch des Tyrtäuö Schlachtgesänge zur alten Tapferkeit begeistert
wurden. Erst als die Festung Ira durch Verrath gefallen war,
hörte Messenien auf einen Staat zu bilden (668 v. Ehr.). Hundert
Jahre verflossen hierauf im Frieden. Nun aber griffen die Spar-
taner wiederholt Arkadien (Tegea) und Argos an und erhöhten
dadurch so ihren Kriegsruhm, daß sie, als Hauptmacht in Griechen-
land, vom lydischen Könige Crösus zum Bunde gegen die Perser
und vom Jsagoras in Athen gegen die Partei der Alkmäouiden
aufgerufen wurden.
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v. 560 bis 323 v. Chr.
37
b. Athen.
Früher als die übrigen Griechen gelangten die Einwohner
von Attika zu bürgerlicher Ordnung und Gesetzlichkeit. Anfangs
regierten auch hier Könige, unter welchen Theseus (um 1300
v. Chr.) und Codrus die berühmtesten sind. Als letzterer bei
einem Einfalle der Dorer im I. 1068 v. Chr. freiwillig sein Leben
zum Wohle des Staates aufgeopfert hatte, hoben die Athener die
königliche Würde auf und wählten den Me don, des Codrus
ältesten Sohn, zum Archonten.
Diese Würde war anfangs erblich und lebenslänglich, doch
mußten die Archonten Rechenschaft von ihrer Verwaltung des
Staates vor dem Volke, welches in Edle, Ackerbauende und
Gewerbtreibende zerfiel, ablegen. Als aber Alkmäon imi. 752
v. Chr. gestorben war, ertheilte man die Archontenwürde auf zehn
Jahre, und seit 682 v. Chr. nur auf Ein Jahr und zwar nicht
Einem, sondern neun Archonten, die sich in die Staatsverwaltung
theilten.
Durch die steigende Uebermacht und Willkühr der Aristokraten
zu sehr gedrückt, forderte das Volk den Archonten Drako, einen
sittlich strengen Mann, im I. 622 v. Chr. auf, Gesetze abzufassen.
Diese konnten aber wegen ihrer Strenge nicht angewendet werden,
indem nach denselben alle Vergehungen ohne Unterschied mit dem
Tode oder ewiger Verbannung bestraft werden sollten. Der
Parteienkampf stieg bis zur anarchischen Zerrüttung. Da trat
auch in Athen ein Gesetzgeber als Retter des Staates auf.
Solon, ein Codride und erster Archon, erhielt im I. 594
v. Chr. den Auftrag, eine Constitution zu entwerfen. Dieser
weise Mann ging dabei von dem Grundsätze aus, daß im Staate
alle Bürger im Wesentlichen einander gleich, aber die politischen
Rechte und Pflichten der Einzelnen nach ihren Leistungen und
ihrer Würdigkeit sich richten sollten, und daß nur bei einer freien
Entwickelung aller Kräfte des Menschen für daü Wohl und den
Ruhm eines Volkes gesorgt werden könne.
Als vorläufige Maaßregeln ordnete er die Scisachtheia d. i.
eine Erleichterung der Schuldenlast, indem er den Geldwert!), und
zwar die Mine von 75 Drachmen zu 100 Drachmen erhöhte, sowie
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39
von 560 bis 323 v. Chr.
durchgegangen, so mußte er seine völlige Bestätigung durch den
Areopagus erhalten, welcher aus den abgehenden Archonten
besetzt wurde. Dieser ehrwürdige Rath, schon srüher angeordnet,
wurde von Solon verbessert und so eingerichtet, daß er gleichsam
den Grundpfeiler der Verfassung ausmachte. Er mußte nicht nur
die Beschlüsse der Volksversammlung prüfen und nach Gutbefinden
bestätigen oder für nichtig erklären, sondern auch die Aufsicht über
die Sitten der Bürger führen und das Betragen der abgegangenen
Archonten untersuchen. Er entschied über Leben und Tod. Zur
Besetzung der übrigen Gerichte wurden alljährlich sechs tausend
Bürger als Geschworene (Heliasten) durch das Loos bestimmt.
Eben so weise waren Solonö Verordnungen in Rücksicht des
Privatlebens, besonders aber der Erziehung. Kein Bürger durfte
in politischen Parteiungen bei Lebensstrafe neutral bleiben, um bei
einem jeden eine stets rege Theilnahme am Gemeinwohle des
Staates zu erhalten. Müssiggang war aufs strengste verbot?».
Die ärmern Bürger trieben gewöhnlich Ackerbau, Schifffahrt und
Handwerke; die reichern beschäftigten sich mit Künsten und Wissen-
schaften und übernahmen dann öffentliche Aemter.
Solon hatte die neue Gestaltung des Staates auf hundert
Zahre für unabänderlich erklärt. Nichts desto weniger bemächtigte
sich Pisistratus, als Haupt und Liebling der Volkspartei, durch
List der Alleinherrschaft in Athen. Er wurde zwar durch die
Alkmäonioen, an deren Spitze Mega kl es stand, zweimal ver-
trieben; als er aber um 538 v. Chr. dieselbe zum dritten Male
an sich gerissen hatte, behielt er sie bis an sein Ende (528) und
trug sie sogar an seine Söhne über. Die Alleinherrschaft (Tyrannis)
der Pisistratiden war aber keineswegs drückend. Sie ließen die
Solon'sche Verfassung fortdauern und suchten das Volk daran zu
gewöhnen; sie beförderten Gewerbe, Künste und Wissenschaften,
und Pisistratus war cs, der die Homerischen Gesänge durch Dias-
keuasten sammeln und ordnen ließ. Sein Sohn Hipparchus
ahmte das Beispiel des Vaters nach, wurde aber dennoch von
zwei beleidigten Feinden, Harmodiuö und Aristogiton, im
I. 514 v. Ehr. ermordet. Darüber erbittert, fing sein Bruder
Hippias an, mit mehr Strenge zu herrschen, beschleunigte aber
dadurch seinen Sturz. Die verbannten Alkmäoniden besetzten mit
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62
Dritte Periode
mittlere und südliche Italien und zerfielen in eine Menge kleiner
Völkerschaften, zu denen die Picentiner, Frentaner, Lu ca-
ner, Peligner, Herniker, Marser, Bruttier u. a.
gerechnet wurden.
Das Hauptvolk der vorrömischeu Zeit aber waren die Etrusker
oder Tust er, welche aus Rhätien in das Land der pelasgischen
Tyrrhener eingewandert waren. Sie befassen schon in früher Zeit
eine höhere Bildung. Acker - und Gartenbau, Gewerbfleiß und
Handel blühten. Die Mehrheit der Einwohner war dienstbar,
und nur der Adel, neben welchem es keinen freien Bürgerstand
gab, bildete das eigentliche Volk. Er war im Alleinbesitze priester-
licher Zunftkenntnisse; Blitze und andere Zeichen und Erscheinungen
wurden gedeutet, der Flug und das Geschrei gewisser Vögel beob-
achtet (Auspicien und Augurien), die Eingeweide der Opferthiere
untersucht (Aruspicien), um aus denselben, sowie aus dem Rauche
und der Flamme des Opferfeuers, den Ausgang bevorstehender
Unternehmungen zu erforschen. Diese und fast alle religiösen Ein-
richtungen, sowie die Insignien der höher« obrigkeitlichen Aemter
entlehnten nachmals die Römer von den Etruskern. Für alle
öffentlichen Handlungen im Kriege und Frieden war ein feststehendes
Ritual vorgeschrieben. Ihre riesenhaften Bauwerke, Mauern,
Theater, Dämme, Canäle, wurden durch Frohndienste errichtet;
ihre Bildnerei in Erz und gebranntem Thoue ward durch griechi-
schen Einfluß veredelt, und die Vasen mit darauf gemalten Figuren,
welche man noch häufig in alten Gräbern findet, verrathen deut-
lich eine Bekanntschaft der Etrusker mit der griechischen Mytho-
logie. Semitische Schreibkunst war bei ihnen einheimisch, und
ihre Zahlzeichen gingen zu den Römern über. Unter den Städten
waren zwölf die herrschenden, wie Cäre, Veji, Tarquinii, Clusium,
Perusia, Arretium rc., deren jede ein Gebiet mit mehrern Land-
städten hatte und von einem auf Lebenszeit aus den Lucumonen
gewählten Könige regiert wurde. Bei gemeinschaftlichen Unter-
nehmungen ward einem der zwölf Könige der Oberbefehl über-
tragen; über National - Angelegenheiten entschieden die Lucumo-
nen, der Herrenstaud der Nation. Die zwölf herrschenden Städte
waren übrigens nur lose verbündet, um innern Zwiespalt zu ver-
hüten, ohne daß eine als überwiegende Hauptmacht an der Spitze
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64
Dritte Periode
bald in Streit, wobei Remus erschlagen wurde. Romulus nahm
nun den Königstitel an, legte sich die dreifache Würde eines
Oberfeldherrn, Oberpriesters und Oberrichters bei, errichtete sich
eine Leibwache von 300 Reitern und ließ sich als Zeichen seiner
Macht durch zwölf Liktoren die Fasces vortragen.
Um die Anzahl der Bürger zu vermehren, errichtete Romulus
ein Asyl für Landesflüchtige, und da sein Gesuch um ehliche Ver-
bindungen (connudium) war zurückgewiesen worden, so lud er
Latiner und Sabiner zur Feier der Consualien ein und raubte
während der Spiele die Jungfrauen derselben. Drei lateinische
Städte wurden in einem deßhalb entstandenen Kriege nach einan-
der besiegt, und mit den Sabinern (Quirite»), deren König Titus
Tatius, geleitet von der Verrätherin Tarpeja, das Capitolium
erobert hatte, durch die geraubten Jungfrauen ein Friede vermittelt.
Gemäß demselben vereinigten sich Sabiner und Römer zu Einem
Senate, Einer Volksversammlung und unter Einem Könige, wel-
cher abwechselnd von dem einen Volke aus dem andern gewählt
werden sollte — daher populus Romanus (et) Quirites. Der
sabinische König Tatius erhielt zwar die Mitregentschaft, wurde
aber bald darauf ermordet. Nach einigen glücklichen Kämpfen mit
den Städten Fidenä und Veji soll auch Romulus wegen seiner
Willkühr und Strenge von den Senatoren während eines Gewit-
ters ermordet, und dann die Sage verbreitet worden seyn, er sey
zu den Göttern entrückt worden (717 v. Ehr.). Später wurde
ihm unter dem Namen Quirinus göttliche Ehre erwiesen.
Das gesammte römische Volk bestand in den ältesten Zeiten
aus drei Ständen, aus Patriciern, Clienten und Plebejern. Die
Patricier waren eine Art Erbadel und wahrscheinlich die Nach-
kommen derjenigen, die sich die Gegend unterwarfen und die Stadt
gründeten. Diese ursprüngliche Bevölkerung Roms theilte sich in
drei Stämme oder Tri bus: die lateinischen (Ramnes), die
sabinischen (Tities) und etrurischen (Luceres). Jeder Stamm
zerfiel in zehn Curien, und jede Curie in zehn Decurien
oder Gentes. Da also jede Tribus hundert Gentes enthält, so
hieß sie auch Centurie. Die Mitglieder einer Gens waren zu
gemeinschaftlichen Opfern und gegenseitiger Hilfeleistung verpflichtet
und hatten ein Erbrecht unter einander, ohne daß die Gentes auf
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von 323 v. Chr. bis auf Christus.
65
Familienverwandtschaft gegründet waren. Jeder Tribus stand ein
Tribunu s, jeder Curie ein Curio und jeder Gens ein Decurio
mit bürgerlicher, militärischer und priesterlicher Gewalt vor. Diese
Curien bildeten die ursprüngliche Volksversammlung in Nom (co-
mitia curiata), wo über alle wichtigen Angelegenheiten des Staates
berathfchlagt wurde. In diesen comitiis curiatis wurde zuerst
durch die Abstimmung nach Köpfen (viritim) die Stimmenmehrheit,
und durch diese die Stimme jeder einzelnen Curie, durch die Ma-
jorität der Curialstimmen aber der Wille der gesummten Bürger-
schaft entschieden. Die Patricier allein hatten das Recht der
Nutznießung des Staatslandes (ager publieus). Aus ihnen
wählte sich Romulns einen Senat von hundert alten erfahrnen
Männern, welche Patres genannt wurden, besprach mit denselben
die öffentlichen Angelegenheiten und führte ihre Beschlüsse entweder
sogleich aus oder legte sie der auf einem öffentlichen Platze (co-
mitium) nach Curien versammelten Volkögemeiue zur Abstimmung
vor. Seil der Vereinigung der Sabiner mit den Römern wurde
der Senat um hundert Mitglieder vermehrt, und durch den unter
Tarquiuius Priscus erfolgten Beitritt der Luceres stieg die Anzahl
der Senatoren auf dreihundert.
Die Clienten waren eine Art 2 e h e n s l e u t e oder Hörige
der Patrizier und wahrscheinlich die Nachkommen der von den
Gründern der Stadt unterjochten altern Bewohner der Gegend,
vermehrt durch Freigelassene und Fremde. Uebrigeus bestand
zwischen den herrschenden (patricischeu) Stämmen und den Clienten
ein freundschaftliches Verhältniß. Der Patricier gab, als Pa-
trouus, dem Clienten ein Stück Land zur Nutznießung, mußte
ihn schützen und por Gericht vertreten; dafür waren die Clienten
verpflichtet, die Töchter ihres Palronus auszustatten, ihn aus der
Gefangenschaft loszukaufen, ihm Staatslasten tragen zu helfen u. s. w.
Die Plebejer (plebs) waren eine Art freien Mittel-
standes, der sich durch die Aufnahme freier Fremder in den
römischen Staatsverband, wie dieß von Alba longa und andern
Städten erzählt wird, gebildet hatte. Sie genossen zwar das
römische Bürgerrecht, waren aber von der Theilnahme an der
Regierung und von der Nutznießung der Staatsgüter ausgeschlossen.
Sie befassen freieigene oderallodialgüter, für die sie an den Staat
Beitelrocks Grundriß der allgem. Geschichte. 5
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66
Dritte Periode
eine Grundsteuer (tributum) bezahlen mußten. Auch durften zwischen
ihnen und den Patriciern keine Wechselheirathen geschlossen werden.
Erst ein Jahr nach dem Tode des Romulus wählten die
Römer den Schwiegersohn des T. Tatius, den Sabiner Ruma
Pompilins (715 — 679 v. Ehr.), einen weisen und frommen
Mann, zum Könige. Er ordnete den Calender, die Staatsreligion
und die sich darauf beziehenden Priester-Institute, die Angurie»,
die Feste und Feiertage rc., erbaute Tempel und Altäre (Janus,
Fides) und wurde dadurch der Gründer eines friedlichen, agrarisch-
religiösen Volkslebens. Der rohe, kriegerische Geist seiner Unter-
thanen wurde gemildert, und jener Sinn für Zucht und Ehrbarkeit,
Ordnung, Subordination und Vaterlandsliebe hervorgernfen, durch
welchen das römische Volk so groß und mächtig geworden ist. Er
selbst führte als Pontifer marimus die Oberaufsicht über den Gesammt-
cultns, ließ die übrigen Priesterstellen (Flamines, Salii, Fetiales
rc.) von dem Volke ans dem Stande der Patricier wählen und
verhinderte so das Aufkommen einer eigenen Priesterkaste.
Sein kriegerisch gesinnter Nachfolger, Tullns Ho stiliti 6
(v. 679—640 v. Ehr.), legte durch die Besiegung und Zerstörung
von Alba den Grund zur Herrschaft Noms über Latium. Der
Krieg, entstanden durch Plünderungen im römischen Gebiete, wurde
durch den vom albanischen Könige Mettius Fuffetius vorge-
schlagenen Kampf der Horatier (Römer) und Curiatier (Al-
baner), Drillinge und Söhne zweier Schwestern, zum Vortheile
der Römer entschieden. Als hierauf Fuffetius Veji und Fidenä
zu einem Kriege gegen Rom gereizt hatte, seine Treulosigkeit aber
mißlungen war, wurde er geviertheilt, Alba zerstört und dessen
Einwohnerschaft auf den Berg Cölius versetzt.
Der vierte König Ancus Mar eins, der Tochtersohn deö
Ruma (von 640 — 617 v, Ehr.), ließ die Religionsgesetze anf-
schreiben und öffentlich aufstellen. Er führte auch glückliche Kriege
mit den Latinern und versetzte die Bewohner von vier eroberten
Städten nach Rom auf den Aventinus, dem Hanptsitz der Ple-
bejer. Er legte an der Mündung der Tiber den Seehafen Ostia,
die erste römische Colonie an, erbaute den Carcer und befestigte
den Hügel Janicnlns.
Der Latiner Tarqninius Priscus (v. 617—578v. Ehr.)
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68
Dritte Periode
die folgenden vier blassen so vertheilt, daß die zweite, dritte und
vierte Classe je 20 Centnrien Leichtbewaffneter enthielten, nämlich
40 der jüngern und 10 der altern, die fünfte Classe aber aus 30
Centnrien Schleuderer bestand, von denen gleichfalls die Hälfte
für den Felddienst bestimmt war. Das für die Classen erforder-
liche Vermögen, welches genau im Census angegeben, und wornach
die Steuer entrichtet werden mußte, betrug für die erste Classe
100,000 Asse (etwas über 4000 fl.) und nahm mit 25,000 Assen
für jede folgende Classe bis znr vierten ab. Zur fünften Classe
wurden 12,500 gefodert;
c) in die außer den Classen, zu denen die Zimmerleute
mit 1 Centurie, die Musiker mit 2 Centnrien, die accensi und
velati (mit 1500 bis 12,500 Assen) mit 2 Centnrien, die prole-
tarii (mit 375 bis 1500 Assen) mit 1 Centurie und die capite
censi (mit weniger als 375 Affen) mit 1 Centurie gehörten. Nur
die zu den beiden letzten Centnrien gezählten Bürger waren steuer-
frei und wurden nur in außerordentlichen Fallen vom Staate zum
Kriegsdienste ausgerüstet.
Diese Einrichtung, durch welche nun Abgaben, Kriegsdienst
und Antheil am Stimmrecht geordnet waren, machte eine wieder-
holte Schätzung des Vermögens (Census) nöthig, die in der Regel
alle fünf Jahre gehalten und mit einem Reinignngsopfer (lustrum)
verbunden wurde. Die Centnrialcomitien wurden vom Könige
oder später vom Consul auf dem Marsfelde versammelt, um die
Anträge des Senates zu Wahlen oder Gesetzen ohne Verhandlung
zu genehmigen oder zu verwerfen; aber ihre Annahme wurde erst
durch die Bestätigung der patricischen Curiatcomitien vollgiltig.
Da die Mehrheit der Stimmen von jeder Ceuturie nur Eine
Stimme ansmachte, so ruhte alles Uebergewicht in den Händen
der reichern Bürger, und die Kraft der Plebejer konnte sich nun
freier und ungehinderter entwickeln.
Als Servius durch seinen Schwiegersohn L. Tarquinius
Superbus, welcher nach Ermordung seines Bruders Aruns
dessen Gemahlin, die Schwestermörderin Tullia, geheirather hatte,
erschlagen worden war, bemächtigte sich dieser als der siebente und
letzte König (von 53-1 — 510 v. Chr.) des Thrones. Er umgab
sich mit einer Leibwache, entzog den Plebejern die ihnen von
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Extrahierte Personennamen: Servius Schwiegersohn_L._Tarquinius
Superbus Schwestermörderin_Tullia
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von 323 v. Chr. bis auf Christus.
ihren Gütern Steuer zahlen, im Kriege unentgeldlich dienen und
dabei den Anbau ihrer Güter oft versäumen mußten, wurden die
letzten, häufig gezwungen, bei den Patriciern gegen übermäßige
Procente Geld aufznnehmen. Wer sich und daö Seinige für eine
erhaltene Summe verpfändet hatte (nexus), wurde, wenn er daö
Darlehen in einer bestimmten Frist nicht znrückzahlen konnte, dem
Gläubiger als Schuldknecht (addictus) zugesprochen und verlor
alle bürgerlichen Rechte (eapite deminulus).
Sobald von den Tarquiniern nichts mehr zu befürchten war,
mißbrauchten die Patricier ihren Reichthum und ihre Macht zu
schnöden Mißhandlungen ihrer plebejischen Schuldner. Ja, sie
wagten es sogar, das beim Ausbruche des Krieges mit den Vols-
kern, Sabinern und andern Völkerschaften gegebene Versprechen
einer Erleichterung der Schuldenlast, nach erreichtem Zwecke uner-
füllt zu lassen. Da erregten die Plebejer einen Aufstand, verließen
'beim abermaligen Auömarsche ins Feld Fahnen und Führer, zogen
bewaffnet über den Anio und besetzten den heiligen Berg, drei
röm. Meilen von Rom, drohend, dort eine neue Stadt bauen zu
wollen (494). Nur durch daö Versprechen einer Erleichterung
der Schuldenlast und durch daö Zugeständniß von Vertretern ihrer
Rechte gegenüber den Patriciern, so wie durch des Meneniuö
Agrippa gemüthliche Paränefe vom Magen und den empörten
Gliedern konnte die Rückkehr der Unzufriedenen bewirkt werden.
Die neuen plebejischen Beamten, die Volkstribnnen (tribuni
plebis), jetzt fünf und später zehn, befassen zwar keine vollziehende
Gewalt (imperium) und deßhalb auch keine Liktoren, sondern
Boten (viaioreo zu Amtsdienern; aber ihre Personen wurden
für unverletzlich (sacrosancti) erklärt, und sie hatten die Befugniß,
die Plebejer gegen den Mißbrauch der Gewalt von Seiten der
hohen Staatsbeamten, selbst eines Diktators zu wahren, so daß
sie diesem, wie den Eonsuln zum Trotze, der plebejischen Gemeinde
untersagen konnten, sich zum Kriegsdienste zu stellen (delectum
inhibere) und die Kriegssteuer (tlibutum) zu zahlen. Sie hatten
ferner das Recht, deit Sitzungen deö Senates anzuwohnen und
die Begchlußnahme durch ihr Veto zu verhindern, und jeder Senats-
beschluß (senatus consultuni) erhielt feine Wirksamkeit als solcher
erst durch ihre Genehmigung. Dadurch aber, daß die Tribnnen
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Dritte Periode
konsularen, Papirius und Sempronius, als die ersten Cen-
soren bestellt, deren Amt anfangs geringfügig schien, bald aber
sehr wichtig wurde, da sie das Sitten-Richteraml (censura
morum) an sich zogen. Sie besetzten die im Senate und im
Ritterstande erledigten Stellen und entfernten daraus solche, welche
für unwürdig befunden wurden. Nur die bewährtesten und achtungs-
würdigften von den gewesenen Consuln wurden zu Censoren
gemacht.
Am folgenreichsten waren die Bemühungen der Tribunen C.
L ici nius Sto lo und L. Sertus. Diese brachten es durch
ihre Ausdauer dahin, daß ihre Gesetzesvorschläge: „Es sollten
wieder Consuln und einer ans den Plebejern gewählt werden;
Niemand sollte mehr als 500 Morgen Staatsäcker besitzen; von
den Schuldcapitalien sollten die gezahlten Zinse abgezogen und der
Ueberrest binnen drei Jahren in bestimmten Terminen getilgt
werden" nach zehnjährigem Widerstande der Patricier durchgingen,
und L. Sertus im I. 366 als der erste plebejische Consnl
gewählt wurde. Um für diesen Verlust sich einigermassen zu ent-
schädigen, setzten es die Patricier durch, daß die Aufsicht über die
Gerechtigkeitspflege von dem Consulate getrennt und einem, aus
ihrer Mitte zu wählenden Prätor übertragen wurde. Die Prä-
toren, deren man anfangs nur Einen, später zwei, dann vier und
dann noch mehrere machte, waren bei Verhinderungsfällen Stell-
vertreter der Consuln, standen aber in der Regiernngsgewalt eine
Stufe tiefer und hatten deßhalb anfangs nur sechs, später nur
zwei Likloren mit Stäbebündeln. Besorgung der Rechtspflege war
ihr cigenthümliches Geschäft, das der Verwaltung und des Krieges
übten sie nur aushilfsweise. Beim Antritte des Amtes erließen
sie ein Edikt, worin sie die Grundsätze darlegten, nach denen sie
die Rechtspflege handzuhaben gedachten. Sie untersuchten und
entschieden die Rechtshändel nicht selbst, sondern leiteteu nur das
gerichtliche Verfahren ein und theilten die Rechtssachen zur Unter-
suchung und Aburtheilung entweder einzelnen Richtern, die sie
bestimmten, oder den ständigen Gerichten zu.
Das Amt der plebejischen Aedilen war mit dem Tri-
bunale geschaffen worden. Die zwei alljährlich gewählten Aedilen
standen anfangs als untergeordnete Gehilfen neben den Tribunen,
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